Grad der Behinderung (GdB): Schwerbehinderung und Ihre Rechte nach SGB IX einfach erklärt
Der Umgang mit gesundheitlichen Einschränkungen ist eine enorme Belastung – für Betroffene und ihre Familien. Wenn dann noch Begriffe wie „Grad der Behinderung“, „Versorgungsamt“ oder „Nachteilsausgleich“ hinzukommen, fühlen sich viele Menschen schnell überfordert. Aus unserer über 15-jährigen Erfahrung in der Pflegeberatung wissen wir, wie wichtig klare und verständliche Informationen in dieser Situation sind.
Diese umfassende Übersicht ist Ihre verlässliche Stütze. Wir führen Sie durch alle relevanten Aspekte: von der Bedeutung des GdB über die konkrete GdB-Tabelle bis hin zu den Vorteilen, die Sie für sich beanspruchen können.
Der Grad der Behinderung (GdB) auf einen Blick
Was ist der GdB?
Der Grad der Behinderung ist eine Maßeinheit für den Grad der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Er gibt in 10er-Schritten (von 20 bis 100) an, wie stark die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist.
Wann liegt eine Schwerbehinderung vor?
Ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 spricht man von einer Schwerbehinderung. Personen mit einem GdB von 50 oder höher gelten als schwerbehindert.
Welche Vorteile bringt das?
Eine anerkannte Schwerbehinderung ermöglicht sogenannte Nachteilsausgleiche. Dazu gehören besonderer Kündigungsschutz, zusätzlicher Urlaub, steuerliche Erleichterungen und die Möglichkeit, früher in Rente zu gehen.
Wer stellt den GdB fest?
Die Feststellung der Behinderung erfolgt auf Antrag beim zuständigen Versorgungsamt (oder der je nach Bundesland benannten Behörde).
Was ist die Rechtsgrundlage?
Die gesetzlichen Regelungen finden sich im Neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX) – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung.
Was genau ist der Grad der Behinderung (GdB)? Die offizielle Definition
Stellen Sie sich den Grad der Behinderung, oft auch Behinderungsgrad genannt, nicht als eine Bewertung Ihrer Krankheit vor, sondern als ein Maß für deren Auswirkungen auf Ihr tägliches Leben.
Laut § 2 SGB IX liegt eine Behinderung vor, wenn körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen eine Person an der gleichberechtigten Teilhabe in der Gesellschaft hindern können – und dieser Zustand mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert.
- Die Skala von 20 bis 100: Der GdB beginnt bei 20 und wird in Zehnerschritten festgelegt. Funktionseinschränkungen, die nur einen GdB von 10 rechtfertigen würden, gelten nicht als Behinderung.
- Ab GdB 20: Sie gelten offiziell als Mensch mit einer Behinderung.
- Ab GdB 50: Der wichtigste Schwellenwert. Ab einem GdB von 50 gilt die Schwerbehinderung, die den Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis und die meisten wesentlichen Vorteile begründet.
- Gleichstellung (GdB 30 oder 40): Personen mit einem GdB von mindestens 30 können sich unter bestimmten Voraussetzungen bei der Agentur für Arbeit mit schwerbehinderten Menschen gleichstellen lassen.
Wichtige Abgrenzung: GdB ist nicht gleich Pflegegrad
Ein häufiges Missverständnis: Der Grad der Behinderung und der Pflegegrad sind zwei völlig unterschiedliche Systeme, die unabhängig voneinander existieren können. Der GdB gleicht Nachteile bei der gesellschaftlichen Teilhabe aus, während der Pflegegrad den konkrete
Die GdB-Tabelle (Versorgungsmedizin-Verordnung):
Welcher GdB bei welcher Krankheit?
Viele Betroffene suchen nach einer „Grad der Behinderung-Tabelle“, um ihren möglichen GdB zu ermitteln. Es ist wichtig zu verstehen: Eine starre Liste gibt es nicht.
Die ärztliche Begutachtung orientiert sich an der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Diese Verordnung, herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dient als Anlage zu § 2 des Versorgungsmedizingesetzes und enthält die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“. Sie liefert Anhaltswerte zur Ermittlung des GdB.
Die endgültige Feststellung der Schwere der Behinderung ist immer eine Einzelfallentscheidung. Die folgenden Tabellen bieten Ihnen daher Orientierungswerte.
GdB-Tabelle für psychische Erkrankungen (Psyche)
Bei Erkrankungen der Psyche ist die Bewertung besonders individuell und orientiert sich an der Schwere der sozialen Anpassungsschwierigkeiten.
| Erkrankung / Funktionsstörung | Typischer GdB-Rahmen | Anmerkungen |
|---|---|---|
| Stärker ausgeprägte Störungen (z.B. Depression, Angststörung) | 30 – 40 | Mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. |
| Schwere Störungen (z.B. schwere Depression, Persönlichkeitsstörung) | 50 – 70 | Mit erheblichen sozialen Anpassungsschwierigkeiten. |
GdB-Tabelle für körperliche Erkrankungen (Auszug)
| Erkrankung / Funktionsstörung | Typischer GdB-Rahmen | Anmerkungen |
|---|---|---|
| Herz-Kreislauf-System | ||
| Bluthochdruck (mittelschwere Form mit Organbeteiligung) | 20 – 40 | Z.B. bei Augen- oder Nierenschäden. |
| Herzleistungsschwäche (mittlerer Grad) | 50 – 70 | Bei deutlicher Einschränkung im Alltag. |
| Wirbelsäule & Gelenke | ||
| Wirbelsäulenschäden (mittelgradig) | 20 – 40 | Z.B. Bandscheibenvorfall mit Nervenreizung. |
| Künstliches Knie- oder Hüftgelenk (einseitig) | 20 | Unabhängig vom Bewegungsergebnis. |
| Stoffwechsel & Innere Organe | ||
| Diabetes mellitus (mit erheblichen Schwankungen) | 50 | Wenn tägliche Anpassungen nötig sind. |
| Chronisch-entzündliche Darmerkrankung | 20 – 60 | Abhängig von Häufigkeit und Schwere der Schübe. |
Der Grundsatz: Wie der Gesamt-GdB gebildet wird
Ein entscheidender Punkt: Die einzelnen GdB-Werte werden niemals addiert, umgangssprachlich werden sie also nicht in Prozent zusammengerechnet. Ein Online-Rechner kann daher nur eine grobe Schätzung liefern.
Der Grundsatz lautet: Die Beeinträchtigung mit dem höchsten einzelnen GdB wird als Basis genommen. Weitere Beeinträchtigungen erhöhen diesen Wert angemessen, sofern sie die Gesamtbeeinträchtigung verstärken.
Nachteilsausgleiche: Alle Vorteile nach Höhe des GdB im Überblick
Die Feststellung einer Behinderung dient dem Ausgleich von Nachteilen. Die meisten Vorteile ergeben sich bei einer Schwerbehinderung.
Die wichtigsten Vorteile bei Schwerbehinderung (ab GdB 50) als Tabelle
| Lebensbereich | Vorteil / Nachteilsausgleich | Kurzbeschreibung |
|---|---|---|
| Arbeit und Soziales | Besonderer Kündigungsschutz | Eine Kündigung durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. |
| Zusatzurlaub | 5 zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr (bei einer 5-Tage-Woche). | |
| Freistellung von Mehrarbeit | Sie können verlangen, von Überstunden befreit zu werden. | |
| Rente | Frühere Altersrente | Möglichkeit, bis zu zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente zu gehen. |
| Steuern | Steuerlicher Pauschbetrag | Jährlicher Freibetrag bei der Einkommensteuer, dessen Höhe GdB-abhängig ist. |
| Mobilität | ÖPNV-Vergünstigungen | Mit passendem Merkzeichen: kostenlose oder vergünstigte Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. |
Der Antrag auf Feststellung einer Behinderung: Schritt für Schritt zum Bescheid
Um einen Grad der Behinderung zu bekommen, müssen Sie diesen feststellen lassen. Das Verfahren ist klar geregelt.
Die Begutachtung erfolgt meist nach Aktenlage. Je besser Ihre Unterlagen sind, desto realistischer die Einschätzung.
- Vollständig ausgefüllter Antrag
- Liste aller behandelnden Ärzte und Kliniken
- Schweigepflichtentbindungen
- Kopien aktueller medizinischer Befunde, die die Art und Schwere der Behinderung beschreiben.
- Der GdB ist zu niedrig: Widerspruch einlegen
Sie können innerhalb von einem Monat schriftlich Widerspruch einlegen. Eine gute Begründung, idealerweise mit neuen ärztlichen Attesten, ist entscheidend. - Zustand hat sich verschlechtert: Neufeststellungsantrag
Bei einer Verschlechterung können Sie jederzeit einen neuen Antrag auf Feststellung einer Behinderung (auch Verschlimmerungsantrag) stellen, um einen höheren GdB zu erreichen.
GdB und Merkzeichen: Was G, B, aG & Co. im Ausweis bedeuten
Zusätzlich zum GdB können auf dem Ausweis Merkzeichen eingetragen sein. Sie bescheinigen eine besondere Art der Behinderung und sind Voraussetzung für weitere Nachteilsausgleiche.
| Merkzeichen | Bedeutung | Wichtigster Vorteil |
|---|---|---|
| G | Erhebliche Gehbehinderung | Unentgeltliche Beförderung im ÖPNV (mit Wertmarke). |
| aG (Merkzeichen aG) | Außergewöhnliche Gehbehinderung | Blauer Parkausweis, Kfz-Steuerbefreiung. |
| B (Merkzeichen B) | Begleitperson | Die Begleitperson fährt im öffentlichen Verkehr kostenlos mit. |
| H | Hilflosigkeit | Hoher Steuerfreibetrag, Kfz-Steuerbefreiung. |
| Bl (Merkzeichen Bl) | Blindheit | Befreiung vom Rundfunkbeitrag, hoher Steuerfreibetrag. |
| TBl (Merkzeichen TBl) | Taubblindheit | Befreiung vom Rundfunkbeitrag und weitere Leistungen. |
Pflege zu Hause Küffel: Ihr Partner in allen Lebenslagen
Der Grad der Behinderung ist ein wichtiges Instrument, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu sichern. Er ist jedoch nur ein Aspekt im Umgang mit gesundheitlichen Herausforderungen. Wenn es um die konkrete Unterstützung und Entlastung im Alltag geht, um die Sicherheit und Geborgenheit in den eigenen vier Wänden, sind andere Lösungen gefragt.
Bei Pflege zu Hause Küffel ermöglichen wir seit über 15 Jahren Menschen mit einem GdB und Pflegebedarf, ein würdevolles Leben in ihrer vertrauten Umgebung zu führen.
Wenn Sie Fragen zur Organisation der Pflege zu Hause haben oder eine Entlastung für sich und Ihre Angehörigen suchen, sind wir für Sie da.
Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches und kostenloses Beratungsgespräch. Wir finden gemeinsam die beste Lösung für Ihre individuelle Situation.
Häufig gestellte Fragen zum Grad der Behinderung
Es geht um die Beurteilung der Schwere einer Behinderung in ihrer Gesamtheit und die individuellen Auswirkungen auf Ihr Leben, was nur ärztliche Gutachter des Versorgungsamts bewerten können.
Markus Küffel gründete die Pflege zu Hause Küffel GmbH in Hamburg und verfügt über 20 Jahre Erfahrung im Bereich häusliche Pflege und Betreuung. Als Diplom Gesundheitswissenschaftler und examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger bringt er umfassendes Fachwissen und praxisnahe Erfahrung in die Vermittlung von Betreuungskräften ein.
Vor der Gründung seines Unternehmens war er in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens tätig und sammelte umfangreiche und wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen. Mit seinem Ratgeber „24 Stunden Pflege zu Hause – So finden Sie die optimale Betreuung“ (Springer, 2021) sowie seiner Mitwirkung an der Entwicklung des derzeit ersten und einzigen Qualitätsstandards der sog. DIN SPEC 33454 setzt er sich aktiv für Transparenz und Qualität in der häuslichen Betreuung ein.
Von 2018 bis 2020 war er Vorstandsmitglied des Bundesverbandes für häusliche Betreuung und Pflege. Seit August 2019 gehört Küffel dem interdisziplinären Forschungsnetzwerk „Osteuropäische Betreuungskräfte“ der Evangelische Hochschule Nürnberg an.
Für weitere Informationen zu Markus Küffel, besuchen Sie gerne seine Autorenseite.



