Pflegegeld beantragen: Die komplette Schritt-für-Schritt-Anleitung
Sie oder ein Angehöriger benötigen pflegerische Unterstützung und möchten dafür Pflegegeld bei der Pflegekasse beantragen? Der Prozess kann auf den ersten Blick komplex wirken, doch mit der richtigen Vorbereitung ist er gut zu meistern.
Dieser Leitfaden ist speziell für Menschen gedacht, die die Pflege zu Hause organisieren und richtet sich sowohl an Betroffene als auch an pflegende Angehörige. Wir führen Sie durch alle notwendigen Schritte – vom formlosen Erstantrag über die entscheidende Begutachtung bis hin zum Bescheid der Pflegekasse. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen, um Ihren Anspruch erfolgreich geltend zu machen.
Pflegegeld beantragen: Das Wichtigste in Kürze
- Schritt 1: Formloser Antrag: Kontaktieren Sie die Pflegekasse (gehört zur Krankenkasse) per Telefon, E-Mail oder Brief. Ein einfacher Satz wie „Hiermit beantrage ich Leistungen der Pflegeversicherung“ genügt. Wichtig: Das Antragsdatum zählt für rückwirkende Zahlungen!
- Schritt 2: Unterlagen erhalten & ausfüllen: Die Kasse schickt Ihnen die offiziellen Formulare zu. Füllen Sie diese sorgfältig aus.
- Schritt 3: Begutachtung vorbereiten: Sammeln Sie alle Arztberichte und führen Sie ein Pflegetagebuch. Dies ist der wichtigste Schritt für eine faire Einstufung.
- Schritt 4: Widerspruch prüfen: Wird der Antrag abgelehnt oder der Pflegegrad zu niedrig eingestuft, haben Sie einen Monat Zeit für einen schriftlichen Widerspruch.
Detaillierte Informationen zur genauen Höhe des Pflegegelds 2025 für jeden Pflegegrad finden Sie auf unserer Spezialseite.
Anleitung: Pflegegeld in 4 Schritten erfolgreich beantragen
Schritt 1: Der formlose Erstantrag bei der Pflegekasse
Der erste und wichtigste Schritt ist der formlose Antrag auf Pflegeleistungen, mit dem Sie der Pflegekasse Ihren Unterstützungsbedarf mitteilen. Sie müssen dafür noch kein offizielles Formular ausfüllen. Ein sogenannter formloser Antrag genügt, um den Prozess in Gang zu setzen.
So können Sie den Antrag stellen:
Sie benötigen hierfür keine speziellen Formulare oder Fachbegriffe. Ein einfacher Satz ist ausreichend:
„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit beantrage ich für [Name, Geburtsdatum, Versichertennummer] Leistungen der Pflegeversicherung. Bitte senden Sie mir die erforderlichen Unterlagen zu. Mit freundlichen Grüßen, [Ihr Name]“
Die Pflegekasse ist nun gesetzlich verpflichtet, den Prozess einzuleiten und Ihnen die Antragsformulare zuzusenden.
Schritt 2: Die optimale Vorbereitung auf die MD-Begutachtung
Nachdem die Pflegekasse Ihre Unterlagen erhalten hat, beauftragt sie den Medizinischen Dienst (MD), um die Pflegebedürftigkeit festzustellen. Dieser Termin ist der entscheidende Punkt im gesamten Prozess, denn hier wird der Pflegegrad ermittelt. Eine gute Vorbereitung ist daher unerlässlich.
Führen Sie im Vorfeld ein Pflegetagebuch. Idealerweise wird es von der primären Pflegeperson geführt, da sie den Alltag am besten kennt. Dokumentieren Sie über ein bis zwei Wochen detailliert, bei welchen alltäglichen Verrichtungen die Person Hilfe benötigt und wie viel Zeit dies in Anspruch nimmt. So kann sich der Gutachter ein realistisches Bild vom tatsächlichen Pflegebedarf machen. Dies ist eine unschätzbare Hilfe für den Gutachter.
- Was dokumentieren? Hilfe beim Aufstehen, Waschen, Anziehen, bei Toilettengängen, der Nahrungsaufnahme, aber auch bei der Haushaltsführung oder der Organisation von Arztterminen.
- Warum ist es so wichtig? Ein Gutachter sieht nur eine Momentaufnahme. Ihr Tagebuch zeigt den realen, ungeschönten Pflegealltag und ist die perfekte Grundlage für ein faires Gutachten.
Checkliste: Unterlagen für den Gutachtertermin bereithalten
- Personalausweis und Versichertenkarte der pflegebedürftigen Person
- Eine Liste aller behandelnden Ärzte, Therapeuten und Pflegedienste
- Aktuelle Arzt- und Krankenhausberichte (nicht älter als 2 Jahre)
- Eine vollständige Liste aller Medikamente, die eingenommen werden
- Falls vorhanden: Schwerbehindertenausweis oder andere Bescheide
- Ihr ausgefülltes Pflegetagebuch
- Gegebenenfalls eine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung
Schritt 3: Der Gutachtertermin – Worauf kommt es an?
Während des Termins wird der Gutachter die Wohnsituation beurteilen und durch Fragen sowie kleine Tests die Selbstständigkeit der Person in sechs Lebensbereichen (Module) bewerten.
- Seien Sie ehrlich: Beschönigen oder übertreiben Sie die Situation nicht. Beschreiben Sie einen typischen Alltag mit all seinen Herausforderungen.
- Nehmen Sie sich Zeit: Lassen Sie sich nicht drängen. Antworten Sie in Ruhe auf die Fragen.´
- Vertrauensperson hinzuziehen: Es ist Ihr gutes Recht, dass beim Termin eine Vertrauensperson (z. B. ein Angehöriger oder Freund) anwesend ist. Vier Ohren hören mehr als zwei und Sie haben moralische Unterstützung.
Der Gutachter bewertet nicht nur, was die Person nicht mehr kann, sondern auch, welche Fähigkeiten noch vorhanden sind.
Sie benötigen hierfür keine speziellen Formulare oder Fachbegriffe. Ein einfacher Satz ist ausreichend:
„Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit beantrage ich für [Name, Geburtsdatum, Versichertennummer] Leistungen der Pflegeversicherung. Bitte senden Sie mir die erforderlichen Unterlagen zu. Mit freundlichen Grüßen, [Ihr Name]“
Die Pflegekasse ist nun gesetzlich verpflichtet, den Prozess einzuleiten und Ihnen die Antragsformulare zuzusenden.
Schritt 4: Der Bescheid der Pflegekasse und die nächsten Schritte
Nach dem Gutachten erstellt der MD eine Empfehlung, auf deren Basis die Pflegekasse den endgültigen Bescheid erstellt und Ihnen per Post zusendet. Dieses Dokument teilt Ihnen den zuerkannten Pflegegrad (oder eine Ablehnung) mit.
So gehen Sie beim Widerspruch vor:
- Legen Sie fristgerecht schriftlich Widerspruch ein („Hiermit lege ich Widerspruch ein.“). Eine Begründung kann nachgereicht werden.
- Fordern Sie bei der Pflegekasse Akteneinsicht und eine Kopie des MD-Gutachtens an.
- Prüfen Sie das Gutachten auf Fehler oder Fehleinschätzungen. Oft weicht die Dokumentation von der Realität ab.
- Verfassen Sie eine detaillierte Begründung, warum Sie die Einstufung für falsch halten. Hier hilft Ihr Pflegetagebuch enorm. Ziehen Sie ggf. einen unabhängigen Pflegeberater, den behandelnden Arzt oder einen nahen Pflegestützpunkt hinzu.
Wer entscheidet über Pflegegeld-Anspruch?
Die finale Entscheidung trifft immer die Pflegekasse. Sie stützt sich dabei jedoch auf das unabhängige Gutachten des Medizinischen Dienstes (MD), der früher als MDK bekannt war. Für privat versicherte Personen übernimmt diese Aufgabe die MEDICPROOF GmbH. Die Gutachter sind speziell geschulte Pflegefachkräfte und Ärzte, die die Pflegebedürftigkeit nach gesetzlich festgelegten Kriterien bewerten.
Sie möchten vorab wissen, welcher Pflegegrad wahrscheinlich ist? Nutzen Sie unseren Pflegegradrechner!
Wann wird das Pflegegeld überwiesen?
Sobald Ihr Antrag genehmigt ist, wird das Pflegegeld monatlich im Voraus an die pflegebedürftige Person überwiesen. Die erste Zahlung nach der Genehmigung enthält auch die Nachzahlung für den Zeitraum ab dem Monat der Antragstellung. So geht Ihnen kein Geld verloren, auch wenn die Bearbeitung einige Wochen dauert.
Gut zu wissen nach der Genehmigung
Die Bewilligung von Pflegegeld eröffnet weitere Möglichkeiten. Besonders wichtig ist die Option, Pflegegeld und Pflegesachleistungen zu kombinieren. Während das Pflegegeld für die selbst organisierte Hilfe durch Angehörige gedacht ist, ist die Pflegesachleistung ein Budget für professionelle, ambulante Pflegedienste. Sie können beide gemeinsam als flexible Kombinationsleistung nutzen, um die Versorgung optimal zu gestalten. Auch bei Inanspruchnahme von Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege (ab 2025 im neuen Entlastungsbudget zusammengefasst) wird das Pflegegeld anteilig weitergezahlt.
Drei häufige Fehler beim Pflegegeldantrag – und wie Sie sie vermeiden
Häufige Fragen zum Antrag auf Pflegegeld
* Die Bezeichnungen „24h-Betreuung“, „24 Stunden Betreuung“, „24h Pflege“ oder „24 Stunden-Pflege“ sind branchenübliche Bezeichnungen. Mehr dazu lesen Sie hier.