Wie können Sie Pflegegrad bzw. Pflegegeld beantragen?
Sie können Leistungen der Pflegekasse ganz formlos beantragen: Rufen Sie einfach bei Ihrer Pflege- oder Krankenkasse an oder schreiben Sie einen formlosen Brief. Daraufhin erhalten Sie von der Pflegekasse ein Antragsformular mit Fragen zu Ihrer bestehenden Situation. Senden Sie das ausgefüllte Formular an den Versicherer zurück. Dieser wird sich anschließend mit Ihnen in Verbindung setzen.
Für eine endgültige Entscheidung muss zunächst begutachtet werden, welcher Pflegegrad bei Ihrem Angehörigen vorliegt. Dazu wird sich der Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) oder MEDICPROOF (nur für Privatversicherte) bei Ihnen melden und einen persönlichen Begutachtungstermin im Haushalt der betroffenen Person vereinbaren. Eine geeignete Fachkraft stellt dann vor Ort im Rahmen einer umfangreichen Begutachtung den tatsächlichen Bedarf an Pflege und Betreuung fest. Den Bescheid bekommen Sie anschließend schriftlich zugestellt.
TIPP!
Wichtig ist, dass die betreuungs- bzw. pflegebedürftige Person nicht eine Leistungsfähigkeit vorgibt, die der Realität im gelebten Alltag längst nicht mehr entspricht – allein schon in ihrem eigenen Interesse.
Kurz vor dem anstehenden „hohen Besuch“ noch schnell die Wohnung auf Hochglanz bringen, weil man sonst ja keinen Fremden ins Haus lassen mag, ist in dieser Situation nicht zielführend! Die Gutachter sollen einen durchweg realistischen Eindruck davon erhalten, inwiefern die pflegebedürftige Person allein in der Lage ist, ihren Alltag noch zu bewältigen (Alltagskompetenz), und in welchen Bereichen wie viel Unterstützung notwendig ist.
Die verbindliche Einschätzung des zu erwartenden Pflegegrades nimmt allein die Pflegekasse vor.
Doch mithilfe eines Pflegegradrechners im Internet können Sie vorab selbst schon herausfinden, welcher Pflegegrad voraussichtlich vorliegt. Das Ergebnis können Sie dann als Vorbereitung bzw. als Gesprächsgrundlage für den Begutachtungstermin verwenden. Hier können Sie eine unverbindliche Selbsteinschätzung vornehmen.
TIPP!
Besteht der Verdacht auf Pflegebedürftigkeit, sollten Sie umgehend einen entsprechenden Antrag auf Pflegebedürftigkeit stellen, da die Leistungen bei Genehmigung des Antrags rückwirkend bzw. sogar schon ab dem ersten Tag des Monats gezahlt werden, in dem der Antrag gestellt wurde, auch wenn dieser zum Beispiel erst am Ende des Monats eingereicht wurde.
TIPP!
Die Pflegekasse ist verpflichtet, innerhalb von 5 Wochen nach Antragstellung (basierend auf dem Posteingangsdatum des Antragformulars) über den Antrag auf Pflegegrad zu entscheiden und die Entscheidung dem Antragsteller mitzuteilen. Geschieht dies nicht rechtzeitig, hat der Antragsteller ein Anrecht auf 70€ Entschädigung pro begonnene Woche der Verzögerung.
Wo können Sie sich bei der Antragstellung helfen lassen?
Es ist nicht immer einfach, Anträge auszufüllen. Auch der Antrag auf Pflegegeld enthält viele Begriffe und Angaben, die Sie womöglich nicht auf Anhieb verstehen. Auch müssen Sie den Pflegebedarf einschätzen, was manchmal schwierig sein kann. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, sich beim Ausfüllen des Antrags helfen zu lassen. Es gibt viele Institutionen, die Sie professionell beraten und Ihnen bei der Antragstellung helfen können: Ihr nächster Pflegestützpunkt, ein Sozial- oder Wohlfahrtsverband oder eine Pflegeberatungsstelle. Ihre Pflegekasse kann Sie ebenfalls beim Ausfüllen unterstützen. Sie haben sogar einen gesetzlichen Anspruch darauf. Fragen Sie bei Ihrer Pflegekasse nach Ihrem Ansprechpartner in dieser Angelegenheit. Auch die Experten von Pflege zu Hause Küffel beantworten gerne Ihre Fragen zur Antragstellung.
Widerspruch einlegen bei Ablehnung des Antrages
Haben Sie eine Ablehnung des Pflegegrades erhalten? Dann lohnt es sich, Widerspruch einzulegen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Antrag auf Widerspruch durchkommt, liegt bei ca. 95 Prozent! Die Erfolgsquote ist also sehr hoch. Fast ein Drittel aller Bescheide werden abgelehnt, doch nur
7 Prozent der Pflegebedürftigen legen Widerspruch ein.
Prüfen Sie den Ablehnungsbescheid genau, wenn Sie mit der Beurteilung nicht einverstanden sind, denn er kann fehlerhaft sein. Sie haben ab dem Eingangsdatum des Ablehnungsbescheides einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen.
So legen Sie Widerspruch ein:
- Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Senden Sie zunächst einfach ein formloses Schreiben an Ihre Pflegekasse, dass Sie dem abschlägigen Bescheid widersprechen. Falls Ihnen das MDK-Gutachten noch nicht vorliegt, fordern Sie dieses am besten gleich mit an. Eine inhaltliche Begründung können Sie dann anschließend noch nachreichen. Dafür können Sie sich unter anderem an folgenden Fragen orientieren:
- Gibt es Hilfebedarf, den die Gutachter nicht dokumentiert haben?
- Wurden Diagnosen oder Befunde nicht miterfasst?
- Wurde die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person zu hoch eingeschätzt?
- Haben Sie ein Pflegetagebuch mit korrekten Angaben geführt, die Ihre Einschätzung unterstützen?
- Die Pflegekasse prüft die fachliche Begründung und entscheidet entweder „nach Aktenlage“, also anhand Ihrer eingereichten Unterlagen, oder aber – was am häufigsten der Fall ist – sie lässt ein Zweitgutachten durch den MDK bzw. MEDICPROOF erstellen.
- Wird Ihrem Widerspruch stattgegeben, erhalten Sie einen neuen Bewilligungsbescheid mit den Leistungen entsprechend der aktualisierten Einschätzung.
- Sollte Ihrem Widerspruch nicht stattgegeben werden, haben Sie noch die Möglichkeit, vor dem Sozialgericht zu klagen.
Beachten Sie: Bereiten Sie sich auf die Widerspruchsbegutachtung gut vor. Sie sollten wissen, worauf es bei diesem Termin ankommt und alle wichtigen Unterlagen zur Hand haben. Auch die pflegebedürftige Person selbst sollte verstehen, wie wichtig dieser Termin ist und sich so verhalten, wie es ihrer tatsächlichen Pflegebedürftigkeit entspricht, damit sich die Gutachter ein realistisches Bild machen können.
„Eileinstufung“ in dringenden Fällen – Eilbegutachtungsverfahren
In sehr dringenden Fällen, beispielsweise wenn die pflegebedürftige Person kurzfristig aus dem Krankenhaus entlassen wird, muss eine schnelle Entscheidung zur Einschätzung der Pflegebedürftigkeit getroffen werden. Es findet dann eine sogenannte Eileinstufung des Pflegegrades statt. Der Gutachter ermittelt den Pflegegrad in solchen Fällen meist nach Aktenlage. Die Pflegekassen genehmigen die Eileinstufung zunächst nur vorläufig und überprüfen sie später noch einmal. Das heißt, eine endgültige Begutachtung findet erst im Nachhinein – entweder dann im eigenen Zuhause oder im Heim – statt. Auch diese Begutachtung wird durch den MDK durchgeführt. Dabei kann es vorkommen, dass der zuvor per Aktenlage festgestellte Pflegegrad wieder aberkannt wird oder ein anderer Pflegegrad durch den MDK ermittelt wird.
TIPP!
Legen Sie Widerspruch ein, wenn Ihnen der vorläufige Pflegegrad wieder aberkannt wurde. Die Chancen stehen gut, dass Sie danach wieder in den vorläufig bewilligten Pflegegrad eingestuft werden oder sogar in einen noch höheren.
Vorige Seite: Die Pflegeversicherung (SGB XI) – mit welcher Unterstützung können Sie rechnen?
Sie befinden sich im Bereich: Pflegeversicherung
Nächste Seite: Leistungen der Pflegekasse im Überblick